Bericht Tag 3

Heute, an unserem dritten und letzten Tag in Astana, haben wir uns direkt nach dem Frühstück auf den Weg zum Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung gemacht. Dort warteten schon spannende Begegnungen auf uns. Zunächst begrüßte uns die Gründerin des Vereins Polygon21, Maira Abenova, die wir bereits vom gemeinsamen Dinner am ersten Abend kannten. Die erste Gesprächsrunde fand mit sieben Menschen statt, die aus der Stadt Semey und der Umgebung kommen. Sie sind alle in verschiedenster Weise betroffen durch die Atomtests. Sie haben uns von ihren persönlichen Erfahrungen erzählt und auch davon berichtet, dass sie heute noch starke Auswirkungen spüren. All diese Betroffenen haben gesundheitliche Probleme. Viele haben Krebs, Herzerkrankungen und weitere Erkrankungen. Medizinische Versorgung sei teuer und die Entschädigungen für die Betroffenen würden nicht ausreichen. Wichtig war ihnen vor allem, dass sie gehört werden – sowohl von der kasachischen Regierung und Bevölkerung, als auch international. Anschließend kam der Senator der Region Abai zum Gespräch dazu und berichtete aus seiner Perspektive.
Das Gespräch mit den Nuclear Survivors war für uns sehr spannend und gleichzeitig sehr emotional, da wir aus erster Hand über die Folgen der Atomtests lernen konnten. Wir bedanken uns für diese Möglichkeit und das Engagement der Polygon21 sowie der betroffenen Menschen.
Nach einer kurzen Pause ging es weiter mit der zweiten Gesprächsrunde. Es kamen ein Richter des kasachischen Verfassungsgerichts, Roman Podoprigora, und ein Parlamentsabgeordnete der sozialdemokratischen Partei Kasachstans. Roman Podoprigora gab uns eine kurze Einführung mit Einblick in die Geschichte sowie der heutigen Funktion und Arbeitsweise des kasachischen Verfassungsgerichts. Das Gericht hatte Ende letzten Jahres eine Entscheidung zum Gesetz für die Betroffenen der Atomtests von 1992 getroffen und Änderungen empfohlen. Der Parlamentarier brachte uns eine Anfrage mit, die er zum Thema verfasst hat. Beide waren sich einig, dass eine Änderung des Gesetzes zum sozialen Ausgleich für die Betroffenen der Atomtests notwendig ist.

Am Nachmittag hatten wir etwas freie Zeit um die Stadt zu erkunden. Eine Gruppe schaute sich das Nationalmuseum an. Einige andere genossen den letzten Nachmittag in Astana mit etwas Tee.
Anschließend machten wir uns gemeinsam auf den Weg zum Bahnhof, da um 18:25 Uhr unser Zug nach Semey ging. Im Zug lernten wir zufällig die Zugführerin kennen. Sie ist in einem Dorf in der Nähe des Atomwaffentestgeländes aufgewachsen. Sie erzählte uns, wie sie als 6-jähriges Mädchen im Klassenzimmer saß und plötzlich einen Atompilz aus dem Fenster sah. Gesundheitliche Folgen habe sie nicht und deswegen beschäftige sie das Thema heute kaum noch.
Nach diesem ereignisreichen Tag, freuen wir uns auf unsere Zeit in Semey.