Die Kampagne

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DIE KAMPAGNE

In dem Diskurs um Atomwaffen, deren Einsatz und Abschaffung, reproduzieren sich dieselben Narrative seit Jahrzehnten. Mit der russischen Androhung eines Atomwaffeneinsatzes in der Ukraine wurde die Präsenz der Massenvernichtungswaffen wieder allumfassender. Auch die kürzliche Erscheinung des Kinofilms „Oppenheimer“, der überdurchschnittlich erfolgreich war, bringt das Thema in die Zivilgesellschaft. In den Diskussionen stehen vor allem die Atommächte im Vordergrund, es geht um Macht. Doch bei all diesen Betrachtungen fehlt oft die Perspektive der Menschen, die am meisten durch Atomwaffen betroffen sind: Menschen, die in Testgebieten aufgewachsen sind, in Gebieten, in denen Uranabbau stattgefunden hat und in Gebieten, in denen Atombomben abgeworfen wurden. Nuclear Survivors, Überlebende vom Atomwaffen.

ICAN Deutschland beginnt am 29. August 2023 – dem Internationalen Tag gegen Nuklearversuche – eine neue zivilgesellschaftliche Kampagne mit dem Titel:  Nuclear Survivors – Gemeinsam für nukleare Gerechtigkeit. 

Die Kampagne soll vor allem die Perspektive dieser stärken, die bisher viel zu kurz gekommen sind. Denn zum Beispiel die Stimmen der Bewohnenden der Marshallinseln, Betroffenen aus Kasachstan und der Bevölkerung in Kiribati sind erschreckend unterrepräsentiert. Erschreckend vor allem, wenn man sich vor Augen führt, dass genau diese Menschen den größten Teil der Auswirkungen spüren.

Die Kampagne hat folgende Leitziele:

  • Awareness: Die Wahrnehmung der Öffentlichkeit und von politischen Entscheidungsträger*innen in Deutschland über die Betroffenenperspektive auf Atomwaffen (Produktion, Tests, Einsätze) stärken.
  • Inklusion: Raum für Menschen aus betroffenen Ländern in deutschen sowie multilateralen Foren schaffen, damit sie ihre Perspektive in den politischen Diskurs einbringen und diesen mitbestimmen können.
  • Advocacy: Gemeinsam mit Betroffenen Policy-Empfehlungen für politische Entscheidungsträger*innen entwickeln, um konkrete Projekte zu Umweltsanierung und Betroffenenhilfe voranzubringen. 

Die Kampagne beinhaltet eine Reihe an Online-Veranstaltungen zu den Auswirkungen von Atomwaffen. Hierbei werden vor allem Atomwaffentests, – abwürfe und der Uranabbau ins Zentrum gerückt, um eine möglichst vielseitige Aufstellung an Betroffenenebenen aufzuzeigen. Das Format dieser wird offen gestaltet und somit viel Raum für Austausch, Fragen und Diskussion bieten.  Außerdem wird die Kampagne auf Veranstaltungen Thema sein, die während ihrer Laufzeit gehalten werden. Die Kampagne findet ihren Abschluss im Sommer 2024 mit einem Policy-Briefing, das Handlungsvorschläge zur Umweltsanierung und Opferhilfe bieten wird, sowie eine Delegationsreise von jungen Multiplikator*innen aus Deutschland in ein ehemaliges Atomwaffentestgebiet. Die Ergebnisse der Kampagne bilden einen nachhaltigen Baustein für zukünftige Projekte von ICAN Deutschland, insbesondere zu den Themen Betroffenenperspektive, Betroffenenhilfe und Umweltsanierung.

 

KONTEXT

Sowohl den Klimawandel als auch die Bedrohung der Lebensgrundlage und Gesundheit durch Atomwaffen verantworten vornehmlich Staaten des Globalen Nordens. Die realen Auswirkungen treffen überproportional  Gemeinschaften und Staaten des Globalen Südens. Diese (neokolonialen) Machtstrukturen werden in Bezug auf einzelne Politikbereiche bereits diskutiert; weniger Aufmerksamkeit erhält jedoch die intersektionale Belastung derselben Gemeinschaften durch die Folgen von mehreren, zeitgleichen politischen Krisen. So haben etwa die Bewohnenden der Marshallinseln aktuell sowohl mit den generationenübergreifenden gesundheitlichen Folgen und der Umweltzerstörung durch US-Atomwaffentests als auch mit den Folgen des Klimawandels zu kämpfen. Studien zeigen zudem die gender- und körperspezifischen Dimensionen auf: Frauen* leiden unter diesen Auswirkungen überproportional stark u.a. durch ein erhöhtes Risiko an Krebs zu erkranken, sowie der Care-Arbeitsverteilung innerhalb von Familien und Gesellschaften. Ob durch Produktion, Testen oder Einsatz von Atombomben: Die Lebenssituation der Betroffenen dieser Waffen zeigt, wie die durch den Globalen Norden verursachten politischen Krisen die Lebensgrundlage und die menschliche Sicherheit strukturell marginalisierter Gruppen gefährden. Diese Lebensrealitäten werden auch in der deutschen Öffentlichkeit noch viel zu wenig diskutiert.

Der 2017 verabschiedete UN-Vertrag zum Verbot von Atomwaffen (AVV) erkennt erstmals die genderspezifischen Auswirkungen von Atomwaffentests und -einsätzen an, sowie deren überproportionale Auswirkungen auf indigene Völker. Insbesondere Artikel 6 und 7 des AVV geben der Umweltsanierung und der Opferhilfe von Atomwaffen verursachten Schäden einen völkerrechtlichen Rahmen. Deutschland ist nicht Teil des AVV, hat jedoch als Beobachterstaat an der Ersten Staatenkonferenz der AVV-Mitglieder im Juni 2022 teilgenommen und nimmt vermutlich an der Zweiten Staatenkonferenz Ende November 2023 in New York teil. Zudem hat die Bundesregierung bereits ihre Bereitschaft angekündigt, Unterstützung für Projekte zur Umweltsanierung und Opferhilfe zu geben.