Ernst-Ludwig Iskenius

Ernst Ludwig Iskenius – Elu – organisiert seit vielen Jahren Proteste in Büchel. Für ihn ist es der symbolische Ort des Widerstandes.

Interview mit Ernst-Ludwig Iskenius, Kinder- und Jugendarzt, jetzt im Ruhestand.

1. Warum engagierst du dich für nukleare Abrüstung?

Nuklearwaffen sind die gefährlichsten und tödlichsten Waffen, die die Menschheit entwickelt hat. Sie töten auch schon ohne Anwendung. Nuklearwaffen bedrohen nicht nur unser Leben und unsere Planeten, sondern zementieren die ungerechten Machtverhältnisse auf unserer Erde. Sie können uns niemals Sicherheit geben, sondern erhöhen auch die Möglichkeiten von Krieg und Gewalt. Ohne die Abschaffung dieser einzigartigen, grausamen Waffe werden die Menschheitsprobleme nicht zu lösen sein.
Seit dem 1. Hamburger Ärztekongress im Jahr 1980, den ich noch mit vorbereitet hatte, bin ich gegen Atomwaffen aktiv. Nun bin ich alt, aber das Nukleare Zeitalter ist noch nicht beendet. Wir hinterlassen mehreren nachfolgenden Generationen eine gesundheitsschädigende radioaktive Welt. Darüber bin ich traurig, wütend, bestürzt. Einstmals angetreten, es besser zu machen als unsere Elterngeneration, müssen wir heute feststellen, dass wir genauso versagt haben wie die, die den 2. Weltkrieg und den Faschismus zugelassen haben. Was ich noch an Kräften habe, möchte ich noch für eine Umkehr aus dieser atomaren Sackgasse einsetzen. Gefängnisstrafen, die ich bald antreten muss, nehme ich dafür gerne in Kauf.

2. Warum bist du für die IPPNW aktiv?

Die IPPNW ist meine politische Heimat. Ich bin ihr schon bald nach der Gründung beigetreten. Auch wenn ich manchmal anderer Meinung bin, freue ich mich über die vielfältigen und breit angelegten Aktivitäten aus berufspolitischen Gründen heraus. Ich freue mich auf Begegnungen auf Augenhöhe, gemeinsamen Aktivitäten, über die Internationalität und das große Engagement von so vielen Mitgliedern über Jahre hinweg. Ich habe viel gelernt und bin darüber sehr dankbar. Wenn es die IPPNW nicht gäbe, müsste man sie wieder erfinden.

3. Was bedeutet Büchel für dich?

Büchel ist der symbolische Ort unseres Widerstandes gegen die Atomwaffengefahr. Nicht allein, dass dort Atomwaffen lagern, sondern, dass deutsche Soldaten den Atomkrieg täglich üben, macht mich zornig und wütend. Dieses Unrecht verstößt gegen das Völkerrecht und ist grundgesetzwidrig. Wir von der Prozesskampagne Wider§spruch haben deshalb gerade unsere Verfassungsklagen eingereicht. Jede Bewegung braucht einen sichtbaren Ort: Wie Mutlangen in den 80iger Jahren und Whyl in den 70iger Jahren ist Büchel unser Widerstandsort, wo wir sichtbar sind und bleiben. Deshalb komme ich jedes Jahr hierher.

4. Wie sieht dein Engagement für nukleare Abrüstung vor und nach Büchel aus? Wie bist du aktiv?

Mein Schwerpunkt ist der Zivile Ungehorsam. Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht und unser „Eid auf das Leben“ fordert zum Widerstand heraus. Deshalb scheue ich nicht gewaltfreie Aktionen, betrete auch die Rollbahn, versuche der atomaren Maschinerie in den Arm zu fallen und sie zu behindern und führe darum auch Prozesse bis hoch zum Bundesverfassungsgericht. Gerade habe ich zwei Prozesse durch alle Instanzen durchgefochten; erst danach konnten wir das Bundesverfassungsgericht anrufen. Die Erfahrungen gebe ich gerne weiter und versuche andere Menschen Mut zu machen. Noch in diesem Jahr werde ich meine Gefängnisstrafen antreten. Darauf bereiten wir uns gemeinsam vor. Nur wenn wir den gesellschaftlichen Konflikt auf die Spitze treiben, werden wir die Entscheidungsträger zur dringend notwendigen Umkehr zwingen. Die atomare Uhr tickt. Wenn das meine Kräfte in den nächsten Jahren noch zulassen, muss ich weitermachen. Ich sehe keine Alternative.